Historisches ereignete sich am 25. Juni 2025 in Den Haag. In der niederländischen Stadt an der Nordsee beschlossen die Vertreter der NATO-Mitgliedstaaten unter der Devise «Verteidigung und Abschreckung» eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Spätestens in zehn Jahren möchte die transatlantische Allianz das neue Ziel erreichen. Der Plan entspricht einem deutlichen Aufschlag im Vergleich zu den aktuellen Aufwänden, die derzeit im Schnitt bei 2.61% des BIP liegen. Folglich wird in Zukunft deutlich mehr Geld in die Rüstungsgüter sowie in verteidigungs- und sicherheitsrelevante Bereiche wie den Schutz kritischer Infrastruktur sowie des Cyber-Raums fliessen. Würde die grösste Volkswirtschaft in Europa, Deutschland, bereits heute das 5%-Ziel erreichen wollen, müssten sich die Verteidigungsausgaben mehr als verdoppeln. Rechnet man die Mehrausgaben von wichtigen Bündnispartnern wie den USA, Deutschland, Frankreich und Polen zusammen, ergibt sich alleine für das Quartett eine stattliche Summe von zusätzlichen EUR Mrd. 700.
Im Zuge dieses neuen Geldregens wird sich der zuletzt beobachtete positive Trend bei den weltweiten Militärausgaben weiter fortsetzen. Nach Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI wurde im Jahr 2021 erstmals die Schwelle von USD Bio. 2 überschritten und 2024 aufgrund der zunehmenden Krisenherde rund um den Erdball ein neuer Rekordwert von USD Bio. 2.7 erreicht – ein Anstieg um 9.4%. Durch den neuen Geldregen der Nato bekommt die zuvor schon prosperierende Rüstungsindustrie nun zusätzlichen Rückenwind. Einer der Nutzniesser ist die deutsche Rheinmetall. «Eine Epoche der Aufrüstung in Europa hat begonnen, die uns allen viel abverlangen wird», bewertet CEO Armin Papperger die aktuelle Lage und führt weiter aus: «Sie bringt uns bei Rheinmetall für die kommenden Jahre aber auch Wachstumsperspektiven, wie wir sie noch nie erlebt haben.» An Wachstum fehlt es bei den Düsseldorfern schon heute nicht. Nach Rekordergebnissen im vergangenen Jahr ist dem grössten europäischen Munitionshersteller mit einem Umsatzplus von 46% sowie einer Gewinnverdoppelung auch der Start ins neue Jahr geglückt.
An dem Milliardenkuchen möchten sich auch noch andere Unternehmen bedienen, so der grösste europäische Rüstungskonzern BAE Systems. Die Briten befinden sich gerade in einer strategischen Offensive und bauen ihre Position in zukunftsträchtigen Verteidigungstechnologien wie Cyber-War oder auch KI-gestützten Lösungen aus. Der Konzern ist aber nicht nur auf dem alten Kontinent tätig, sondern auch in den USA vorne mit dabei. So hat sich BAE soeben einen weiteren Auftrag über USD Mio. 172 vom Pentagon sichern können. Auf dem zweiten Rang im Ranking der wichtigsten Verteidigungsunternehmen in Europa steht der Flugzeugbauer Airbus mit seiner umfangreichen Militärsparte. Zum Beispiel verfügen die Niederländer vom Militärtransporter A400M über den Kampfjet Eurofighter, der zusammen mit BAE Systems und Leonardo entwickelt und hergestellt wird, bis hin zu Satellitensystemen über ein breites Angebot. Insgesamt entfallen 17% der Konzernerlöse auf den «Defence and Space»-Bereich. Einen deutlich höheren Erlösanteil am Gesamtgeschäft hat Leonardos Rüstungssparte mit 80%, wobei der grösste Teil dabei auf Defence Electronics & Security entfällt. Regional sind die USA der wichtigste Abnehmer der Militärprodukte der Italiener. Ebenfalls grosse Namen im Rüstungsbereich in Europa sind die britische Rolls Royce mit ihren Triebwerken und Nuklearreaktoren für U-Boote sowie Thales aus Frankreich. Das Repertoire des letztgenannten Unternehmens reicht von Radarsystemen über Cyber-Security bis hin zu Satellitentechnologien.
Vom neuen Superzyklus in der Rüstungs- und Verteidigungsindustrie profitieren aber nicht nur europäische Unternehmen, auch in den USA sitzen gewichtige Player wie beispielsweise der Spezialist für Schutzausrüstung und Sensortechnologie Honeywell oder auch GE Aerospace. Der Luft- und Raumfahrtriese investiert derzeit rund USD Mrd. 1 in seine Werke und Lieferketten, um die Fertigungsprozesse zu verbessern. Zuletzt konnte das Unternehmen einen weiteren Auftrag von der US Air Force ergattern. Für USD Mrd. 5 wird GE F110-Triebwerke an die Luftstreitkräfte liefern. Im Bereich Kampfjets spielt Lockheed Martin eine wichtige Rolle. Softwareprobleme sorgten bei dem Rüstungskonzern zuletzt zwar für Verzögerungen bei den Auslieferungen, doch löst das Unternehmen nach der Behebung der Schwierigkeiten seinen Rückstau derzeit auf. So wurden soeben 72 der F-35- Kampfjets an das Pentagon übergeben. Für das Gesamtjahr plant Lockheed Martin mit der Auslieferung von 170 bis 190 Flugzeugen.
Quellen: WDR, NATO