Donald Trump macht ernst: Die USA möchten auf jedes verkaufte Importauto zusätzliche Zölle von 25% erheben. «Am 2. April treten sie in Kraft, ab dem 3. wird kassiert», sagte der US-Präsident bei der Unterzeichnung der entsprechenden Anordnung. Gleichzeitig wiederholte er den Vorwurf, wonach die Staaten von anderen Ländern als Sparschwein missbraucht und bestohlen würden. «Das ist der Beginn des Befreiungstages in Amerika», schwärmte Trump. Die neuen Abgaben sollen nicht nur Milliarden in die Staatskasse spülen und damit helfen, die Steuern zu senken und Schulden zu tilgen. Ausserdem prophezeit der Republikaner der US-Industrie eine rosige Zukunft. «Das ist sehr aufregend. Es wird zum Bau neuer Autowerke führen. Zahlen, wie wir sie nie gesehen haben. Auch bei den Jobs», schwärmte Trump. Solche Ankündigungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die ersten zehn Wochen seit der Rückkehr des 78-Jährigen in das Weisse Haus.
Und doch macht sich an der Wall Street ein gewisser Argwohn gegenüber der neuen Regierung breit. Zunächst war Trumps Sieg bei den Wahlen Anfang November regelrecht gefeiert worden. Getreu dem Motto «America First!» setzten Investoren darauf, dass der Präsident der weltgrössten Volkswirtschaft mittels Deregulierung und Steuersenkungen einen Schub verpasst. In Anlehnung an das Optionsgeschäft wurde in diesem Zusammenhang der «Trump-Put» zum geläufigen Ausdruck. Er steht dafür, dass die neue Administration mit ihrem Handeln die Abwärtsrisiken quasi aus dem Markt nehmen könnte. Schon bald nach der Vereidigung Trumps am 20. Januar kippte die Stimmung. Der S&P 500 Index konnte das Mitte Februar erreichte Allzeithoch nicht halten, sondern gab innert knapp drei Wochen um ein Zehntel nach. Beim mit US-Technologieaktien bestückten NASDAQ-100 fiel die Korrektur gegenüber dem Top mit bis zu knapp 14% noch deutlicher aus.
Jetzt steht an der Wall Street nicht nur der viel zitierte «Trump-Put» in Frage. Gleichzeitig wachsen die Zweifel an der herausragenden Stellung, welche die US-Ökonomie in den vergangenen Jahren eingenommen hat. Laut Zahlen des Internationalen Währungsfonds ist die Wirtschaftsleistung der Staaten über eine Dekade im Schnitt pro Jahr um 2.5% gewachsen. Damit heben sich die USA deutlich von den anderen G7-Staaten ab (siehe Grafik). Gleichzeitig war die Wall Street im globalen Börsengeschehen das Mass aller Dinge. Damit könnte es nun vorbei sein. «Der amerikanische Exzeptionalismus ist wahrscheinlich tot», schreibt Bloomberg-Autor Edward Harrison. Er meint damit explizit nicht die Stärken, welche das Silicon Valley gefüllt und die grossen Techgiganten hervorgebracht haben. «Nein, ich spreche von der Fähigkeit dieses Modells, beständig ein höheres Gewinnwachstum zu erzielen, um die Outperformance des US-Marktes zu fördern», schreibt Harrison.
Der Finanzexperte arbeitet drei Argumente für seine durchaus provokante These heraus. Als eine mögliche Belastung für die US-Wirtschaft sieht er das Department of Government Efficiency (DOGE). Die von Elon Musk geleitete Behörde unternimmt in der öffentlichen Verwaltung eine Art Kahlschlag, indem sie Behörden schliesst, Stellen abbaut und Aufträge einkassiert. Diese Vorgehensweise könnte zu einem deutlichen Rückgang der Staatsausgaben führen. In den vergangenen Jahren hatte die öffentliche Hand die Wirtschaft kräftig angeschoben. Allein 2024 kamen Ausgaben von knapp USD Bio. 7 zusammen (siehe Grafik). Als zweiten Punkt nennt der Autor die Inflation. Zwar ist die Teuerung nach dem durch die Pandemie ausgelösten Preisschock etwas zurückgekommen, doch mit 2.8% expandierte der U.S. Consumer Price Index (CPI) im Februar auf Jahressicht noch deutlich stärker, als von der US-Notenbank gewünscht. Sie peilt eine Inflationsrate von 2% an. Die Zollpolitik der Regierung könnte dafür sorgen, dass die Preise weiter anziehen. Dazu passend nimmt die Fed bereits eine abwartende Haltung ein – in den ersten beiden Monaten des Jahres wurden die Zinsen nicht weiter gesenkt.
Eine dritte Herausforderung sieht Edward Harrison auf der Angebotsseite. Er verweist hier auf eine Analyse von J.P. Morgan. Der Grossbank zufolge hat die Produktivität der US-Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren noch deutlich zugenommen. Doch jetzt schwächelt die Nachfrage, nicht zuletzt aufgrund einer abnehmenden Zuwanderung. Infolgedessen lässt das Wachstum des Angebots bereits nach. Hier drohen die USA den Vorsprung gegenüber Europa einzubüssen. Auf dem alten Kontinent wächst das Angebot, während auch die Nachfrage in die Gänge kommt. Dazu passt der Favoritenwechsel an der Börse: Für den S&P 500 Index ist gerade ein Quartal mit Kursverlusten zu Ende gegangen. Derweil hat der STOXX Europe 600 Index rund 7% an Wert gewonnen. Langfristig betrachtet ist der Vorsprung der USA auch an dieser Stelle weiterhin gross. Doch sollte der Trump-Put tatsächlich auslaufen, dann könnte der Wall Street eine ungemütliche Zeit ins Haus stehen.
Quelle: IMF; Stand: März 2025. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
Quelle: Federal Reserve Economic Data, Federal Reserve Bank of St. Louis; Stand: März 2025. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.