Die künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch. Weltweit drängen Applikationen wie ChatGPT in die Gedankenwelt des Menschen. Eine Art Epizentrum dieses Megatrends sind die USA. Nicht nur, dass US-Unternehmen aus dem KI-Bereich an der Börse für Furore sorgen. Das gilt insbesondere für Nvidia: Die Kapitalisierung des auf Halbleiter spezialisierten Hightech-Konzerns steuert auf die Schallmauer von USD Bio. 4 zu. Innert vier Jahren hat sich der Aktienkurs von Nvidia annähernd verachtfacht. Zum Ausdruck kommt die Vormachtstellung der USA auch beim Blick auf die Kapazitäten von Rechenzentren. Damit die KI effektiv arbeiten kann, ist der rasend schnelle Umschlag gigantischer Datenmengen erforderlich. 2024 verfügten die Staaten über «Data Centres» mit einer Gesamtkapazität von 42 GW. Das entsprach einem Anteil von knapp 44% an der Leistung sämtlicher weltweit aktiven Rechenzentren. Europa bläst zur Aufholjagd. Die EU hat einen EUR Mrd. 20 schweren Fonds angestossen. In sogenannten Public-Private Partnerships sollen auf dem alten Kontinent fünf KI-Gigafactories entstehen.
Egal, ob in Nordamerika, Europa oder sonstwo auf der Welt: Die Digitalisierung ist ein Stromfresser. «Es gibt keine KI ohne Energie, insbesondere Elektrizität», stellt die Internationale Energieagentur (IEA) fest. Der Organisation zufolge verbraucht ein typisches KI-fokussiertes Rechenzentrum so viel Strom wie 100'000 Haushalte. Die grössten derzeit im Bau befindlichen Anlagen werden das 20-Fache dieser Menge benötigen. «Der Energiesektor steht damit im Mittelpunkt einer der wichtigsten technologischen Revolutionen unserer Zeit», schreibt die IEA in einem Spezialreport. Die Autoren erachten eine erschwingliche, zuverlässige und nachhaltige Stromversorgung als entscheidenden Faktor für die Entwicklung der KI. «Die Länder, die die benötigte Energie schnell und in grossem Umfang bereitstellen können, werden am besten davon profitieren», erklären sie.
2024 benötigten die Rechenzentren weltweit zusammen 416 Terawattstunden (TWh) an Elektrizität. Das waren rund 1.5% des globalen Stromverbrauchs. Seit 2017 ist der Bedarf aus dieser Ecke pro Jahr im Schnitt um 12% nach oben gegangen. Damit fiel der Anstieg etwa viermal so stark aus wie die Zunahme des gesamten Elektrizitätsverbrauchs. Die IEA geht davon aus, dass sich der Strombedarf für Rechenzentren bis zum Ende des Jahrzehnts auf rund 945 TWh mehr als verdoppelt. «Das ist etwas mehr als der gesamte Stromverbrauch Japans heute», erklären die Experten. Der grösste Teil des erwarteten Wachstums entfällt auf die USA, gefolgt von China. Am Ende des Jahrzehnts könnten die Staaten mehr Strom für Rechenzentren benötigen als für die Produktion von Aluminium, Stahl, Zement, Chemie und sämtlichen anderen energieintensiven Waren zusammen.
Nach Ansicht der IEA braucht es einen gesunden Energiemix, um dieser Herausforderung Herr zu werden. Die Agentur geht davon aus, dass erneuerbare Energiequellen etwa die Hälfte des bis 2030 für Rechenzentren zusätzlich benötigten Stroms liefern werden. Daneben werden flexibel einsetzbare Quellen, allen voran Erdgas, eine wichtige Rolle spielen. Der Technologiesektor selbst könnte darüber hinaus neuartige Atomreaktoren sowie Geothermie-Kraftwerke forcieren. Neben der Stromerzeugung muss dessen Verteilung möglichst reibungslos funktionieren. «Vielerorts sind die Stromnetze bereits überlastet», stellt die IEA fest. Allerdings dauert es lange, neue Verbindungen aufzubauen. Eine Lösung ist es, Rechenzentren an Orten mit einer hohen Energie- und Netzverfügbarkeit zu bauen. Ungeachtet dessen warten grosse Aufgaben auf die Stromversorger. In diesen Herausforderungen liegt zugleich eine enorme Chance. Der Sektor dürfte weiter an Bedeutung gewinnen und könnte dadurch die Investoren in Zukunft mehr denn je «elektrisieren».
Quelle: International Energy Agency (IEA) World Energy Outlook Special Report, Energy and AI, April 2025