In der europäischen Bankenlandschaft ist derzeit viel Bewegung. Da ist zum einen der Poker um die Commerzbank. Der deutsche Staat möchte raus, die italienische Grossbank Unicredit rein. Apropos Italien, in dem südeuropäischen Land ist derzeit ohnehin eine Konsolidierungswelle in vollem Gange. So bietet der Lokalmatador Unicredit EUR Mrd. 10 für die kleinere Banco BPM und hat zudem soeben mehr als 4% der Aktien am Versicherer Generali gekauft. Und die teilstaatliche Monte dei Paschi di Siena (MPS) leibt sich für EUR Mrd. 13.3 Italiens grösste Investmentbank Mediobanca ein. Derweil greift die spanische BBVA für EUR Mrd. 12 nach Sabadell. Auch die französischen Geldhäuser mischen mit. BNP Paribas treibt die Konsolidierung auf dem deutschen Private-Banking-Markt mit der Übernahme des Geschäftsbereichs mit vermögenden Privatkunden von HSBC voran. Der Deal soll in der zweiten Jahreshälfte über die Bühne gehen und Marktteilnehmern zufolge einen Transaktionswert zwischen EUR Mio. 300 und 600 haben.
Zurück zur Commerzbank: Hier sind die künftigen Eigentumsverhältnisse noch nicht gänzlich geklärt. Die Italiener hatten Anfang September 2024 den Teilausstieg des deutschen Staats zu einem einflussreichen Einstieg genutzt. Kurz vor dem Jahresende hat Unicredit bekanntgegeben, rund 28% der Commerzbank-Anteile zu kontrollieren. Bei der Commerzbank kam ein mögliches Kaufangebot vorerst nicht gut an. Allerdings wird ein Deal nicht völlig ausgeschlossen. Vor wenigen Tagen haben die Frankfurter angekündigt, sich mit den Mailändern über eine mögliche Übernahme auf Basis eines schriftlichen Vorschlags zu unterhalten. «Wir haben stets Gesprächsbereitschaft signalisiert und würden im Interesse aller Stakeholder einen Vorschlag der Unicredit prüfen», teilte die Commerzbank mit. Der Ball liegt damit nun auf der Seite der Italiener, und es dürfte spannend werden, welchen Spielzug die Unicredit als Nächstes anwenden wird.
Möglich werden derartige Fusionen, wie sie vielleicht bei Unicredit und der Commerzbank anstehen, unter anderem dadurch, dass sich die Regierungen schrittweise wieder von den Aktien jener Banken trennen, die während der globalen Finanzkrise verstaatlicht wurden. Laut Scope Ratings könnte durch die europäischen Regierungen eine Welle von Fusionen und Übernahmen ausgelöst werden. Die Experten prognostizieren, dass viele Verkaufsprozesse bis Ende 2025 abgeschlossen sein dürften, sollten die Marktbedingungen weiterhin günstig bleiben. Dabei hält es der Anbieter von Kreditratings für möglich, dass ein potenzieller Merger von Unicredit und Commerzbank als Blaupause für grosse französische Banken dienen würde, die in Italien und Belgien expandieren wollen. Und auch in den Niederlanden ist Bewegung. So hat die dortige Regierung im Herbst vergangenen Jahres ihren Anteil an ABN AMRO von 49.5% auf 40.5% reduziert. Zur etwa gleichen Zeit gab das Parlament in Athen den Verkauf einer 10%igen Beteiligung an der Nationalbank von Griechenland bekannt. Dass sich der M&A-Markt bereits belebt, zeigt ein Blick auf das Transaktionsvolumen. Dieses lag in Europa im vergangenen Jahr bei über EUR Mrd. 20, in den Vorjahren war es nur in etwa halb so hoch (siehe Grafik).
Bei den Banken zeichnet sich aber nicht nur eine erhöhte M&A-Tätigkeit ab, auch die Kreditnachfrage zieht zum Teil wieder deutlich an. So markierte das Kreditvolumen von Unternehmen in der Eurozone im vergangenen September mit EUR Bio. 5.16 den Höchststand seit zwei Jahren. Die Experten von EY gehen davon aus, dass sich das Kreditwachstum 2025 und 2026 weiter fortsetzen wird. Für das laufende Jahr wird ein Plus von 3% erwartet, 2026 sollen es dann sogar 4% sein. Das sind gute Nachrichten für die Geldinstitute, denn anschwellende Kreditvolumina sorgen bei stabilen Margen für steigende Zinseinkünfte. Schätzungen zufolge machen diese rund 60% der Einnahmen im Bankensektor aus.
Gesamtwert der Transaktionen von Bankenfusionen, in Mio. USD
Quelle: Scope Ratings, Stand: Oktober 2024