Lange Zeit wurde der Schweizer Aktienmarkt von internationalen Investoren nur stiefmütterlich behandelt. Auf Sicht von fünf Jahren hinken die heimischen Blue Chips dem EURO STOXX 50 um rund 25 Prozentpunkte hinterher. Doch drückten die Grosskonzerne in den vergangenen Wochen aufs Tempo. Gemessen am BX Swiss Top 30 Index, der etwas breiter aufgestellt ist als der klassische SMI, betrug die Outperformance der Schweizer Titel gegenüber dem EURO STOXX 50 im Zeitraum von drei Monaten achtenswerte 5%. Die Aufholjagd geht einher mit einem Vorsprung im eingeläuteten Zinssenkungszyklus. Während die SNB im ersten Halbjahr bereits zwei Mal den Leitsatz nach unten schraubte, legte die EZB bis dato erst einmal Hand an.
Auch aufgrund zahlreicher politischer Unsicherheiten könnten Investoren zuletzt verstärkt ihr Kapital in Richtung Schweizer Aktienmarkt transferiert haben, schliesslich ist dieser für seine defensiven Qualitäten bekannt. Die dominierenden Branchen Pharma und Lebensmittel können bei exogenen Schocks für Stabilität sorgen. Dazu zählen der Ukrainekrieg, der Nahostkonflikt und der Handelsstreit zwischen USA/Europa und China ebenso wie der Regierungsumschwung in Frankreich. Daneben steht mit dem Duell Joe Biden vs. Donald Trump um das Weisse Haus noch eine weitere wichtige Wahlentscheidung zum Ende des Jahres an, welche die Börsen weltweit beeinflussen kann. Nach dem ersten TV-Duell nahm die Wahrscheinlichkeit zu, dass Herausforderer Trump gewinnen wird, was wiederum einen Renditeanstieg bei den Bonds zur Folge hatte. Ein vergleichbares Bild zeigte sich in Frankreich, da Marktteilnehmer auch dort durch den Regierungswechsel von einer höheren Staatsverschuldung ausgehen.
Zurück zum Schweizer Aktienmarkt: Im BX Swiss Top 30 Index entfallen auf die drei Schwergewichte, den weltweit führenden Nahrungsmittelhersteller Nestlé sowie die beiden Pharmariesen Novartis und Roche, gut 44%. Doch ist der Gradmesser, der die 30 grössten Aktien der Alpenrepublik enthält, nicht nur defensiv ausgerichtet. Im Gegenteil: Zahlreiche Technologie-Spezialisten auf verschiedensten Gebieten bereichern den Index. Dazu zählt neben dem SMI-Mitglied Logitech auch VAT aus der zweiten Börsenreihe. Der Hersteller für Vakuumventile, die insbesondere in der Halbleiterproduktion eingesetzt werden, erwartet im laufenden Jahr wieder bessere Marktbedingungen und geht bei Umsatz und Gewinn von einem Wachstum aus. Mut macht dabei der Auftragseingang, der sich im Auftaktquartal gegenüber dem Vorjahresquartal um CHF 100 Mio. auf CHF 235.8 Mio. erholt hat. Insbesondere China trug zu diesem Anstieg bei. An der Börse kommt das gut an, die VAT-Aktie verteuerte sich seit Jahresbeginn um etwas mehr als ein Fünftel.
Frischen Wind in den Schweizer Aktienmarkt brachten zuletzt auch zahlreiche Managerwechsel. So verantwortet beispielsweise seit Dezember 2023 Hanneke Faber die Geschicke bei Logitech. Laut der scheidenden Verwaltungsratspräsidentin Wendy Becker, deren Nachfolge noch ungeklärt ist, hatte Faber in den letzten sieben Monaten einen sehr erfolgreichen Start als CEO. Die neue Frau an der Spitze stärkte die Führungsposition des Unternehmens und legte Logitechs zukünftige strategische Ausrichtung auf Wachstum und Innovation fest. Medizintechniker Straumann begrüsste wiederum im April zwei neue Verwaltungsratsmitglieder, und bei Swiss Life bekam das Deutschland-Geschäft im Mai dieses Jahres einen neuen CEO. Zu einem Wechsel kam es soeben auch bei Richemont und Swiss Re. Per 1. Juni übernahm beim Luxusgüterkonzern der CEO der Schmuckmarke Van Cleef & Arpels Nicolas Bos das Zepter von dem seit 2018 amtierenden Jérôme Lambert. Und am 1. Juli löste der Ex-Allianz-Manager Andreas Berger den langjährigen CEO Christian Mumenthaler beim weltweit zweitgrössten Rückversicherer ab. Führungskräfte bringen meist einen neuen Blickwinkel ein und können für Wachstumsimpulse sorgen.
Quelle: Leonteq; Stand: 08.07.2024