Partystimmung an den Börsen: Bereits seit geraumer Zeit befinden sich die Aktienmärkte rund um den Globus auf Rekordfahrt. Zinssenkungsspekulationen, KI-Boom und Wachstumsfantasien lassen alle Kurse steigen. Wirklich alle? Nein, ein genauer Blick in den SMI offenbart, dass sich auf Sicht von einem Jahr trotz der insgesamt positiven Entwicklung sieben Titel und damit mehr als ein Drittel der Indexkomponenten in den Miesen befinden. Mit einem Rückgang um 18% trägt Roche die rote Laterne. Auch ein weiteres Indexschwergewicht, Nestlé, verzeichnete in diesem Zeitraum prozentual zweistellige Verluste. Und bei den Nebenwerten zeigt ebenfalls nicht jede Kurskurve stramm gen Norden. So mussten beispielsweise die Valoren von Stadler Rail ein Fünftel ihrer Marktkapitalisierung in den vergangenen zwölf Monaten abgeben.
Bei Roche sind es aber nicht erst die vergangenen Wochen, welche den Pharmakonzern in die Bredouille brachten. Der Kurs der Genussscheine befindet sich mittlerweile seit nahezu exakt zwei Jahren im Tauchgang. Nach dem Allzeithoch am 15. April 2022 ging es mit der Notierung peu à peu
abwärts, wodurch sich mittlerweile knapp die Hälfte des einstigen Börsenwerts pulverisierte. Die Kursschwäche war auch Thema auf der jüngsten Generalversammlung. Aufmerksam lauschten die etwas mehr als 600 Teilnehmer den Erklärungen von CEO Thomas Schinecker und Verwaltungsratspräsident (VR) Severin Schwan. «Wir sind mit der Kursentwicklung nicht zufrieden», stellte Roche-Chef Schinecker im Congress Center in Basel stellvertretend für alle Anwesenden fest. VR-Oberhaupt Schwan schob dann noch die möglichen Gründe hinterher: Zum einen das «abrupte Ende» der Corona-Pandemie, an der Roche überproportional verdiente. Zum anderen Rückschläge in der Medikamentenentwicklung.
Es war unter anderem das Scheitern des grossen Hoffnungsträgers «Gantenerumab», welches den Investoren die Laune verhagelte. Die im vergangenen Jahr mit Spannung erwartete Phase-III-Studie für den Antikörper gegen Alzheimer verfehlte ihre Ziele, wodurch sich die Aussichten auf Milliardeneinnahmen in Luft auflösten. Laut CEO Schinecker hat der Konzern aber aussichtsreiche Produkte in der Pipeline. Dazu gehört beispielsweise «Vabysmo». Das Anfang 2022 auf den Markt gebrachte Augenmedikament zählt mit einem Jahresumsatz von mehr als CHF Mrd. 2 mittlerweile zu den meistverkauften Arzneien des Konzerns. Als Wachstumstreiber taugen zudem «Hemlibra» gegen Hämophilie und «Ocrevus» gegen Multiple Sklerose. Auch sprangen die Basler mit der jüngsten Übernahme von Carmot Therapeutics auf den Zug der boomenden Adipositas-Medikamente auf. Und nicht zuletzt könnte Roche nach dem Aus von Gantenerumab sogar noch einmal die Alzheimer-Karte spielen. So wurden kürzlich anlässlich eines Neurologie-Tages vielversprechende Studienergebnisse zum Alzheimermittel «Trontinemab» präsentiert.
Um die Entwicklungspipeline weiter auf Vordermann zu bringen, setzt CEO Schinecker auch in Zukunft nicht nur alleine auf die eigene Erforschung und Entwicklung neuartiger Wirkstoffe, sondern sieht sich auch weiterhin nach guten Deals um. So oder so soll der Konzern aber in diesem Jahr wieder auf den Wachstumskurs zurückkehren. Für das laufende Jahr plant der Arzneimittel- und Diagnostikhersteller die Rückkehr zu einem Umsatz- und Gewinnplus. Die Analystenzunft traut Roche ebenfalls einiges zu: Für 2024 geht der Konsens von einer Steigerung von gut einem Viertel beim Ergebnis je Anteilsschein aus, im kommenden Jahr soll sich der Gewinn um weitere 8% verbessern. Angesichts dieser Aussichten erscheint das 2025er-KGV von rund elf nicht besonders ambitioniert – vermutlich ein Grund dafür, dass die Research-Häuser zuletzt im Durchschnitt ihre Einschätzungen wieder etwas anhoben. Zwar lautet das Konsensurteil immer noch «Halten», das mittlere Zwölfmonatskursziel liegt mit CHF 277.50 aber deutlich über dem aktuellen Niveau.
Quelle: Refinitiv, e = erwartet