Bereits seit geraumer Zeit dreht sich an der Wall Street alles nur noch um die Large Caps – allen voran die berühmten «Magnificent Seven». Diese hatten auch einen wesentlichen Einfluss auf die zuletzt starke Performance des S&P 500. Der Blue-Chips-Index legte in den vergangenen zwei Jahren um ein sattes Drittel zu. Allein 2023 zeigten sich dabei die «glorreichen Sieben» für mehr als die Hälfte des Kursgewinns verantwortlich. Das verwundert insofern nicht, als die Tech-Giganten auch die Indexgewinne antreiben. Aktuell wird erwartet, dass allein vier der M7-Unternehmen im zweiten Quartal ein Gewinnwachstum von 56.4 % gegenüber dem Vorjahr ausweisen. Das Quartett aus NVIDIA, Amazon, Meta Platforms und Alphabet sorgt laut FactSet dafür, dass die durchschnittliche Gewinnwachstumsrate für den S&P 500 im zweiten Quartal 2024 voraussichtlich einen Wert von 9.7% erreichen wird. Ohne diese vier würde sich der Zuwachs nur auf 5.7% belaufen.
Dennoch mehrten sich zuletzt die Stimmen, dass die Magnificent Seven zu hoch bewertet sein könnten. Ein Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis macht diese Befürchtungen deutlich. Die sieben Tech-Konzerne weisen ein durchschnittliches 2025er-KGV von ambitionierten 33 auf. Die Ängste sorgten Mitte Juli dann für eine deutliche Korrektur. Beispielsweise sackte die NVIDIA-Aktie innerhalb weniger Handelstage um rund ein Viertel ab. Die Schwäche der Techs hatte auch einen erheblichen Einfluss auf den S&P 500, der im Juli um knapp 5% vom Hoch korrigierte. Im Zuge des Tauchers schlug die Stunde der US-Nebenwerte. Der Small-Cap-Index Russell 2000 setzte bereits Anfang des Monats zum Sprung an und verzeichnete im Juli eine stolze Performance von 11%. Selbst wenn sich der S&P 500 zum Ende hin wieder erholen konnte, rissen die «Kleinen» ein Gap von 10 Prozentpunkten. Damit übernahm der Russell 2000 nach langer Zeit wieder die Führung. Mit dem Sprint liegt der Index auf Sicht von einem Monat, also bei Einbeziehung der heftigen Marktkorrektur von Anfang August, immer noch gut 7 Prozentpunkte vor dem Blue-Chip-Barometer (siehe Chart).
Auf längere Sicht hat der S&P 500 zwar immer noch klar die Nase vorne, doch könnte sich die Outperformance der Large Caps gegenüber Small Caps in den USA in nächster Zeit nicht nur weiter abschwächen, sondern die Führung gar auf die Nebenwerte übergehen. Denn die kleineren Unternehmen sind gerade dabei, den Gewinnturbo zu zünden. In der aktuellen Berichtssaison zum zweiten Vierteljahr erwarten Analysten für den Russell 2000 nach fünf von Ergebnisrückgängen geprägten Quartalen im Durchschnitt einen Gewinnanstieg von etwa 18%. Wie eingangs aufgezeigt, wird für die Unternehmen des S&P 500 gerade einmal mit der Hälfte gerechnet. In den Jahren 2024 bis 2026 sollen die jährlichen Gewinne der Nebenwerte im Mittel sogar mehr als doppelt so stark steigen wie die der Blue Chips.
In die Hände spielen könnte den kleineren und mittleren Werten auch die erwartete Zinswende. Das Fed hat bei seinem letzten Zinsentscheid das Intervall zwar erwartungsgemäss bei 5.25% bis 5.50% belassen, doch machte Fed-Chef Powell in der Pressekonferenz deutlich, dass es sowohl bei der Inflation als auch im Bereich Arbeitsmarkt weitere Fortschritte gegeben habe. Apropos Arbeitsmarkt: Nachdem im Juli deutlich weniger Stellen als erwartet geschaffen wurden, machten sich an der Börse Rezessionsängste breit. Dies hatte auch Folgen für die Zinserwartungen. Ging der Markt vor dem Bericht mit grosser Mehrheit von einem ersten Schritt um 0.25 Prozentpunkte im September aus, plädierten danach knapp 80% für eine Senkung um einen halben Prozentpunkt. Dem sollen noch zwei weitere Abwärtsschritte bis zum Ende des Jahres folgen. Grundsätzlich erhöht eine lockere Geldpolitik die Attraktivität von Aktieninvestments. Das gilt umso mehr, wenn es sich – wie im Falle der Nebenwerte – auch noch um Titel mit attraktiver Bewertung handelt. Darüber hinaus gelten Small Caps als besonders dynamische Instrumente, welche sich schnell an veränderte Marktbedingungen anpassen und überproportional wachsen können. Dies wiederum könnte bei Investoren das Pendel bei ihrer strategischen Asset-Verteilung mehr in Richtung Small Caps ausschlagen lassen, zumal sie auch eine chancenreiche Diversifikation für das Portfolio bieten.
Quelle: Bloomberg