Zurück zum Wachstum
Steigende Zinsen sowie eine galoppierende Inflation haben die Verbraucher im vergangenen Jahr gehörig verunsichert. Dieses bedrohliche Gemisch führte mitunter auch dazu, dass die Konjunktur erlahmte. Hierzulande halbierte sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2022 auf 2.1%. Und auch in den USA reduzierte sich die Expansionsrate auf das Schweizer Niveau, nachdem das Plus im Vorjahr noch knapp 6% betrug. Nach einer schwachen ersten Jahreshälfte drehte sich die Kurve aber wieder nach oben und auch im laufenden Jahr gewinnt der Aufschwung an Kraft. Legte die Wirtschaft in Übersee zum Jahresauftakt 2023 lediglich um 1.1% zu, standen im zweiten Quartal bereits auf das Jahr hochgerechnete 2.4% zu Buche. Damit wurden die durchschnittlichen Erwartungen der Ökonomen übertroffen. Hierzulande verzeichnete die Konjunktur einen schwungvollen Start ins Jahr. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO bekräftigte daraufhin das Schweizer Wachstumsziel von 1.1% für 2023 und rechnet mit einer Beschleunigung im Jahr 2024 auf dann 1.5%.
Inflation auf dem Rückzug
Die positiven Wachstumszahlen gehen mit einer Entwarnung an der Inflationsfront einher. Die US-Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im Juni auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Die Verbraucherpreise nahmen nur noch um 3% im Vergleich zum Vorjahr zu und verzeichneten damit den kleinsten Anstieg seit März 2021. In der Schweiz fallen die Preise sogar schon wieder. Im Juli ging der Landesindex der Konsumentenpreise um 0.1% im Vergleich zum Vormonat zurück. Auf Jahressicht ermittelte das Bundesamt für Statistik eine Teuerung von 1.6%. Auch in der Eurozone zeigt die Kurve nach unten. Im vergangenen Monat reduzierte sich die Inflation auf 5.3%, nachdem sie in der Spitze im Oktober 2022 bei 10.6% lag. Daneben ist die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum im zweiten Quartal einer vorläufigen Schätzung zufolge mit 0.3% schneller als erwartet gewachsen.
Wirtschaftsfaktor Tourismus
Während Europas grösste Volkswirtschaft Deutschland noch schwächelt, zieht das Wachstum vor allem in den südeuropäischen Staaten an. Dafür sorgt unter anderem der Tourismus. So hat laut Daten der UNWTO das südliche Europa zum Jahresauftakt das Niveau von vor der Pandemie wieder erreicht. Aber nicht nur auf dem alten Kontinent nehmen die Buchungen zu, weltweit steigt die Reiselust. Im vergangenen Jahr sind etwas mehr als 960 Mio. Millionen Touristen ins Ausland aufgebrochen – das bedeutet, dass bereits zwei Drittel des Vor-Corona-Werts wieder erreicht wurden. Insgesamt summierten sich die internationalen Ankünfte im ersten Quartal 2023 auf 80% des Niveaus von vor dem Ausbruch des Virus. Gezählt wurden mit 235 Millionen Touristen mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2022. «Der Beginn des Jahres hat erneut die einzigartige Fähigkeit des Tourismus gezeigt, wieder auf die Beine zu kommen», erklärt UNWTO-Generalsekretär Zurab Pololikashvili und fügt hinzu: «Vielerorts liegen wir bei den Ankünften nahe oder sogar über dem Niveau vor der Pandemie.» Die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus stiegen im Jahr 2022 um 50% auf die Marke von 1 Billion USD, wobei Europa mit knapp 550 Milliarden USD den höchsten Anteil beisteuerte.
Haussierende Aktienkurse
Von der Wiederbelebung des Tourismus profitieren zahlreiche Branchen wie Airlines, Flugzeugbauer, Hotels oder auch die Entertainment- und Kreuzfahrtindustrie. Von letztgenanntem Sektor sind die Aktienkurse in diesem Jahr sprichwörtlich durch die Decke gegangenen. So stehen bei den Kreuzfahrtkonzernen Royal Caribbean und Carnival seit Silvester prozentual dreistellige Gewinne zu Buche. Aber auch die Aktien der Flugzeugbauer Airbus und Boeing legten dank florierender Geschäfte 2023 bis dato spürbar zu. So sammelte Airbus in der ersten Jahreshälfte Bestellungen über gut 1'000 Flugzeuge ein – das waren knapp viermal so viele wie vor Jahresfrist. Auch konnten die beiden Rivalen mit ihren Umsatz- und Ergebnisausweisen im zweiten Quartal die Erwartungen übertreffen. Positiv kommt hinzu, dass Boeing-CEO Dave Calhoun angesichts der weltweiten Belebung des Luftverkehrs die Produktion seines Bestsellers 737 MAX auf monatlich 38 Maschinen, 7 mehr als bisher, hochschrauben möchte.