Von einer Stimmungskanone ist China derzeit weit entfernt. Und wenn nicht, dann eher im negativen Sinne. Enttäuschende Konjunkturdaten – sowohl die Industrieproduktion als auch die Einzelhandelsumsätze blieben im Juli hinter den Prognosen der Analysten zurück – treiben Marktteilnehmern derzeit immer mehr Sorgenfalten auf die Stirn. Wie schlimm es um die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt bestellt ist, zeigen drei Zinssenkungen der People‘s Bank of China (PBoC) innerhalb von drei Monaten. Die stotternde Konjunktur bringt aber nicht nur den Aktienmarkt ins Wanken, sie wirkt sich auch auf die Rohstoffmärkte aus – insbesondere auf den Ölpreis. Das Reich der Mitte ist der weltweit grösste Importeur des «schwarzen Goldes». Im Zuge der schwachen Wirtschaftsdaten verbilligte sich Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee sowie US-Leichtöl WTI kurzfristig um rund 3%.
Die jüngste Korrektur bei den Ölpreisen stellt im Kursbild aber nur einen kleinen Zacken nach unten dar, schliesslich ging dem Rücksetzer eine ausgeprägte Rallye voraus. Seit Ende Juni verteuerte sich der Rohstoff um rund ein Fünftel. Nicht ohne Grund: Die erweiterte Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC+), der insgesamt 23 Staaten angehören, einigte sich auf dem Treffen in Wien darauf, im kommenden Jahr weniger Öl zu fördern. Rund 40 Millionen Barrel (je 159 Liter) sollen dann noch pro Tag gefördert werden, eine Kürzung um knapp 3.4%. Dem nicht genug, verschiedene OPEC-Staaten wie Russland, der Irak und Saudi-Arabien nehmen zusätzlich nach eigenem Ermessen freiwillige Drosselungen vor. Saudi-Arabien stellte in Wien für Juli eine Reduktion der Ölförderung um 1 Mio. Barrel pro Tag in Aussicht.
Gesagt, getan: Der jüngst veröffentlichte Monatsbericht der OPEC zeigt, dass Saudi-Arabien im Juli die Produktion im Vergleich zum Vormonat um 968‘000 Barrel pro Tag zurückgeschraubt hat. Dies wiederum führte zu einer Reduzierung der gesamten OPEC-Förderung um 836‘000 Barrel pro Tag. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg droht den weltweiten Ölmärkten in diesem Quartal nun ein deutliches Angebotsdefizit von mehr als 2 Mio. Barrel pro Tag. Da Saudi-Arabien seine Kürzung beibehalten möchte, stehen den Berechnungen nach den Verbrauchern im Schnitt im dritten Quartal rund 2.26 Mio. Barrel pro Tag weniger zur Verfügung als benötigt. Den Daten der Organisation zufolge könnte dies zum stärksten Bestandsrückgang seit 2 Jahren führen. Während grosse Verbraucherländer die Drosselung kritisieren, zeigt sich das Königreich stur und droht, die Lieferbeschränkungen notfalls zu verlängern oder gar zu verschärfen.
Zurück zu China. Die konjunkturelle Eintrübung, gepaart mit einer aufkeimenden Deflation, könnte etwas Entspannung in die belastete Angebotssituation des Öls bringen. Eine abflauende wirtschaftliche Leistung geht in der Regel mit einer geringeren Nachfrage nach dem Schmiermittel einher. Im Juli zeigte sich dies bereits, als die Rohölimporte der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt auf den niedrigsten Stand seit sechs Monaten abtauchten. Auch in Europa und den USA keimen immer wieder Rezessionssorgen auf. Dies zeigte sich beim jüngsten ZEW-Indikator für den gemeinsamen Währungsraum. Die Einschätzung der aktuellen Lage verschlechterte sich um 11.8 auf minus 71.3 Punkte. China wie auch Europa werden aber alles dafür tun, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Und die USA sorgen derweil für eine weitere Verknappung auf dem Ölmarkt. So sind die US-Rohölvorräte vergangene Woche um rund 6.2 Mio. Barrel gesunken und damit deutlich stärker als um die von Analysten erwarteten 2.3 Mio. Generell geht die OPEC nach einer kurzen Stagnation wieder von einer weltweit steigenden Nachfrage aus. Bis zum vierten Quartal soll diese um 4.1% im Vergleich zum gerade abgelaufenen Vierteljahr zulegen.
Quelle: OPEC