Die US-Notenbank feiert in diesem Jahr ihr 110. Jubiläum. Mit dem Federal Reserve Act von 1913 haben die USA dem «Fed» die Verantwortung für die Geldpolitik übertragen. Das Herzstück dieser mächtigen Institution ist das Federal Open Market Committee, kurz FOMC. Zwölf Personen gehören dem Gremium an. Neben den sieben Mitgliedern des Fed-Boards hat der Präsident der Federal Reserve Bank von New York einen festen Sitz. Die restlichen vier Plätze werden von Chefs der elf weiteren regionalen US-Notenbanken besetzt. Im Rotationssystem erfolgt für dieses Quartett ein jährlicher Wechsel. Acht mal pro Jahr kommt das FOMC zu regulären Sitzungen zusammen. Zwei Tage lang diskutieren die Währungshüter dann die ökonomischen und finanziellen Rahmenbedingen. Auf dieser Grundlage trifft das FOMC eine geldpolitische Entscheidung. Am 14. Juni beginnt das nächste Meeting an einem grossen ovalen Konferenztisch in der Washingtoner Fed-Zentrale.
Schon zehn Tage vorher müssen die US-Notenbanker schweigen. Ab dem 4. Juni läuft die so genannte Blackout Periode. Von diesem Termin an dürfen die FOMC-Mitglieder bis einschliesslich 16. Juni keine öffentlichen Statements mehr abgeben. Natürlich ist die auf das Ende der Sitzung und die Veröffentlichung des offiziellen Fed-Statements folgende Medienkonferenz mit Fed-Präsident Jerome Powell davon ausgenommen. Wenig überraschend finden die Aussagen der US-Währungshüter in den Wochen vor der Schweigeperiode an den Kapitalmärkten besonders viel Gehör. Aktuell gilt das umso mehr, da das FOMC in den vergangenen Monaten aggressiv an der Zinsschraube gedreht hat. Zehn Mal nacheinander setzte das Komitee den Leitsatz (Federal Funds Rate) seit März 2022 nach oben. Von nahe Null kletterte er dabei auf die aktuelle Spanne von 5.00% bis 5.25%.
Ein Blick auf Federal Funds Effective Rate (siehe Grafik) macht die historische Dimension der jüngsten Zinswende in den USA deutlich. Zu diesem Satz handeln Banken über Nacht mit ihren Fed-Einlagen. Die Notenbank selbst nimmt mittels Offenmarkttransaktionen Einfluss auf den effektiven Zinssatz, damit dieser ihrer Zielspanne möglichst nahekommt. Nach der Zinsentscheidung von Anfang Mai ist die Federal Funds Effective Rate zum ersten Mal seit annähernd 16 Jahren über die runde Marke von 5% gestiegen. Geht es nach den Terminmärkten, wird es das FOMC zumindest vorerst dabei belassen – für den Juni wird kein weiterer Zinsschritt erwartet. Laut dem CME Fed Watch Tool liegt die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario bei mehr als 80%. Für den kommenden Herbst stellt dieses viel beachtete Informationswerkzeug sogar eine erste Zinssenkung in den Bereich des Möglichen. Allerdings gehen die Meinungen diesbezüglich noch ziemlich weit auseinander.
Zweifel an der Zinspause respektive -wende haben nicht zuletzt führende US-Währungshüter gesät. Dazu zählte mit Austan Goolsbee auch ein Mitglied des FOMC. Der Chef der Fed von Chicago bekräftigte die Entschlossenheit der Zentralbank, die Inflation einzudämmen. Seiner Ansicht nach ist es «viel zu früh, um über Zinssenkungen zu sprechen.» An den Aktienmärkten stossen solche Einschätzungen naturgemäss auf wenig Begeisterung. Dagegen hat der festverzinsliche Anlagebereich nach Jahren der Entbehrungen wieder etwas zu bieten. Selbst kurzfristige USD-Termingelder werfen wieder ansehnliche Renditen ab. Allerdings hängen die Konditionen hier stark von den Laufzeiten ab. Eine liquide kurzfristige Verfügbarkeit geht deutlich zu Lasten des Ertrags. Mit einem eigens konzipierten Index spannt Leonteq einen Bogen zu den offiziellen Geldmarktsätzen der USA. Der Leonteq USD Overnight Return Index sammelt die Übernachtrate und macht so eine flexible Bewirtschaftung von USD-Barbeständen möglich.
Quelle: St. Louis Fed (FRED Economic Data), Reuters; Stand: Mai 2023. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.