Demnächst jährt sich eine technologische Sternstunde zum 55. Mal. Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin läutete der damalige deutsche Vizekanzler Willy Brandt am 25. August 1967 per Knopfdruck das Zeitalter des Farbfernsehens ein. Möglich machte diese Innovation das von Walter Bruch entwickelte PAL-System. Zwar gab es in den USA schon vor der Erfindung des Deutschen farbige TV-Bilder, doch Phase Alternating Line, kurz PAL, setzte sich vor allem in Westeuropa (die Schweiz führte das Farbfernsehen am 1. Oktober 1968 ein) sowie in vielen Ländern Afrikas und Asiens durch. Mit der skizzierten technologischen Zeitenwende nahm die Nachfrage nach Seltenen Erden sprunghaft zu. Konkret wurde das Metall Europium benötigt, um die farbigen Bilder auf den TV-Geräten zu erzeugen. Europium zählt im Periodensystem zu den Lanthanoiden. Angeführt von Lanthan, umfasst diese Gruppe 15 chemische Elemente, die als Seltene Erden gelten.
Das Adjektiv «selten» geht bei der bereits im späten 18. Jahrhundert von einem schwedischen Hobbygeologen entdeckten Rohstoffgruppe nicht auf eine natürliche Knappheit zurück. Die Seltenen Erden kommen auf unserem Planeten sehr häufig vor. Selbst den seltensten Vertreter der Gattung gibt es 200-mal häufiger als Gold. Allerdings sind die Seltenen Erden meist in einer nicht allzu grossen Konzentration anzutreffen. Es braucht daher komplexe metallurgische Prozesse, um die stets nur gemeinsam vorliegenden Metalle aus dem jeweiligen Basisgestein herauszulösen. Die Weiterentwicklung der Fernsehwelt hat dazu geführt, dass die PAL-Technologie heute mehr oder weniger obsolet ist. Bei den Seltenen Erden ist das Gegenteil der Fall: Wegen des rasanten technologischen Fortschritts ist ihre Bedeutung so gross wie nie. Fortune Business Insights taxiert das Volumen des Weltmarktes für 2021 auf USD Mrd. 2.831. Bis 2028 soll der Jahresumsatz mit diesen wichtigen Elementen auf mehr als USD Mrd. 5.5 zunehmen. Damit erwarten die Experten eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 10%.
Als einen zentralen Treiber bezeichnet Fortune Business Insights die steigende Nachfrage nach Tablets, Laptops und Smartphones. Im letztgenannten Gerät haben die Seltenen Erden unterschiedliche Funktionen. Sie werden einerseits dazu verwendet, die Glasoberfläche zu polieren. Gleichzeitig enthalten Smartphones Magnete, die beispielsweise den qualitativ hochwertigen Sound ihrer Lautsprecher ermöglichen. Neben der Digitalisierung der Arbeits- und Konsumwelt spielt die E-Mobilität eine wichtige Rolle. In Elektrofahrzeugen sind insbesondere die Elemente Neodym und Dysprosium zu finden. Sie werden für hochwertige Neodym-Eisen-Bor-Magnete benötigt. In dieser Zusammensetzung kommen die Seltenen Erden auch in den Motoren von Windkraftanlagen zum Einsatz. Sie helfen, eine Turbine besonders effektiv zu machen. Nach Angaben von Lynas Rare Earths stecken in einer 3 MW-Anlage (direct drive) annähernd 2 Tonnen an Seltene-Erden-Dauermagneten. Angesichts der globalen Bemühungen, die Energieerzeugung auf regenerative Quellen umzustellen, überrascht es nicht, dass die Nachfrage aus diesem Sektor in den kommenden Jahren deutlich steigen soll (siehe Grafik).
Ob es gelingt, dem enormen Bedarf Herr zu werden, hängt stark von China ab. Das Reich der Mitte dominiert den Weltmarkt. 2020 wurden dort laut Statista 140'000 Tonnen Rare Earth Oxide (REO) gefördert. Damit brachte es die Volksrepublik in der weltweiten Minenproduktion auf einen Anteil von nahezu 60% (siehe Grafik). Während Australien in diesem Ranking auf dem 4. Platz steht, kommen besonders viele Einzelunternehmen des Sektors aus Down Under. Das zeigt ein Blick auf den Swissquote Rare Earth Index. Australische Aktien steuern annähernd 30% zur Kapitalisierung dieser Themen-Benchmark bei. Generell bietet der Anfang 2019 lancierte Index eine gute Möglichkeit, um breit diversifiziert in das Wachstumspotenzial der Seltenen Erden zu investieren. So wichtig diese Rohstoffe für den technologischen Wandel auch sind: Der Markt birgt eine Reihe spezieller Risiken, beispielsweise in Form von Rückschlägen bei der Exploration und Förderung der Seltenen Erden. Alleine deswegen ist eine gestreute und zudem fachmännisch ausgewählte Positionierung sinnvoll.
Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
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