«Inflation ist, wenn die Brieftaschen immer voller und die Einkaufstaschen immer leerer werden.» Mit diesen einfachen Worten erklärte der 1927 geborene US-Schriftsteller und Komiker Robert Orben einst die Teuerung. Der Lehrsatz dahinter: Steigende Preise sorgen für eine Entwertung des Geldes. Wohin das führen kann, zeigen Extremphasen von Hyperinflation, wie sie in den 1920er-Jahren zu beobachten waren. Die Notenpressen wurden angeworfen und immer mehr Geld in Umlauf gebracht. Doch trotz der steigenden Anzahl an Banknoten, die zum Teil Schubkarren füllten, nahm der materielle Gegenwert stetig ab.
Auch in der aktuellen Zeit laufen die Gelddruckmaschinen auf Hochtouren. Zwar nimmt die Geldmenge nicht erst seit der Finanzkrise 2009 rund um den Globus zu, allerdings hat sich das Tempo seither deutlich beschleunigt. Lag die Geldmenge M1, welche neben Scheinen und Münzen auch Guthaben auf dem Giro- oder Sparkonto berücksichtigt, in der Eurozone Anfang 2019 noch bei rund EUR Bio. 4, schoss sie bis Juli 2021 auf knapp EUR Bio. 11 empor. Im heutigen Geldsystem führte die Ausweitung der Geldmenge allerdings nicht zu explodierenden Preisen, zumindest nicht beim Bedarf für das tägliche Leben. Vielmehr zeigt sich eine sogenannte «Asset Price Inflation». Das Geld fliesst in die Aktienmärkte, in Immobilien oder inzwischen auch in Kryptowährungen.
Doch seit kurzem ist der Teuerungsdruck wieder auf breiter Ebene festzustellen. Die Inflationsrate in den USA hat bereits seit Monaten eine 5 vor dem Komma und befindet sich damit auf dem höchsten Stand seit Mitte 2008. Zwar ging der Preisanstieg im August von 5.4% auf 5.3% leicht zurück, doch fällt die Abnahme nur marginal aus. Dass es für eine Entwarnung noch viel zu früh ist, zeigen auch die europäischen Inflationsdaten. So nehmen die Lebenshaltungskosten in der Eurozone derzeit deutlich zu. Im August stiegen die Verbraucherpreise um 3%, im Juli hatte die Inflationsrate noch 2.2% betragen. Und auch hierzulande geht es mit der Jahresteuerung nach oben. In der Schweiz zog diese im August von 0.7% im Vormonat auf 0.9% an. Ein regelrechten «Boost» bekamen die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte in Deutschland, die im August um satte 12% zum Vorjahresmonat emporschnellten. Ein grösseres Plus gab es zuletzt im Zuge der Ölkrise im Dezember 1974.
Das Gros der Ökonomen geht davon aus, dass es sich nur um ein temporäres Phänomen handelt und es im kommenden Jahr zu einer Entspannung kommt, wenn die Pandemie-bedingten Verzerrungen auslaufen. Auf der einen Seite könnte dies tatsächlich zutreffen, denn die zahlreichen von SARS-Cov-2 verursachten Lockdowns entfachten vor allem bei Gütern einen merklichen Preisschub. In den USA kamen noch Stimulus-Schecks für die Haushalte durch die Regierung hinzu. Auf der anderen Seite droht das Inflationsgespenst aufgrund der Zweitrundeneffekte noch länger umherzuspuken. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die Hersteller die gestiegenen Einkaufskosten – Rohstoffe werden seit Monaten immer teurer – an ihre Kunden weitergeben. Aber auch explodierende Energiepreise sowie die zum Teil instabilen Lieferketten treiben die Preise. In der Folge könnten die Löhne steigen, was wiederum die Gefahr einer nachhaltig höheren Inflation steigert. Auch Christine Lagarde ist offensichtlich das Risiko bewusst, nicht ohne Grund dürfte die EZB-Vorsitzende während der letzten Pressekonferenz im Anschluss an die Zinssitzung häufig das Wort «Inflationsrisiken» benutzt haben.
Quelle: Statista
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