Die vom Lockdown geplagten Menschen können etwas aufatmen. Mehrere Länder lockerten zuletzt die im Zuge der Corona-Pandemie verhängten Ausgangsbeschränkungen. In der Schweiz tritt am 11. Mai die zweite Etappe der Erleichterungen in Kraft. Dann nimmt unter anderem der Schulbetrieb Fahrt auf, öffnen Museen, Bibliotheken sowie die Gastronomie und wird der Breitensport möglich. Sämtliche Lockerungen stehen unter dem Vorbehalt, dass Schutzkonzepte umgesetzt und eingehalten werden und natürlich die Zahl der Neuinfektionen nicht wieder in die Höhe schiesst. «Die Schweiz befindet sich noch immer in einer ausserordentlichen Lage», stellt der Bundesrat fest. Nicht nur hier zu Lande, weltweit geht der Kampf gegen das neuartige Coronavirus unvermindert weiter. Eine Schlüsselrolle spielt bei der Eindämmung der Pandemie die Pharmaindustrie. Der Sektor liefert Covid-19-Tests und sucht gleichzeitig nach Medikamenten sowie Impfstoffen.
An der Börse konnte die Gesundheitsindustrie mit ihrer strategischen Bedeutung zuletzt punkten. Zwar liess der mit der verstärkten Ausbreitung des Coronavirus einhergehende Ausverkauf die Pharmaaktien zunächst nicht kalt. Gleichwohl fällt das Minus beim MSCI World Health Care Sector Index deutlich geringer aus als bei der globalen Benchmark desselben Indexproviders (siehe Grafik). In Windeseile hat der Pharmasektor die Diagnosekapazitäten nach oben gefahren. Beispiel USA: Mehr als 7 Mio. Covid-19-Tests wurden in den Staaten mittlerweile durchgeführt. Laut dem Portal «Our World in Data» erreichte die Anzahl der täglichen Tests in den USA am 22. April einen Spitzenwert von mehr als 314.182 Stück. Vier Wochen zuvor wurden an einem Tag weniger als 45.000 Abstriche auf das Virus hin analysiert. Hier geht es direkt zu Anlagelösungen passend zum Thema «Pharmaindustrie: An der Schnittstelle in die Zukunft».
Voll im Gange ist auch die Suche nach einem Medikament zur Behandlung von Covid-19. Für Aufsehen sorgte diesbezüglich zuletzt vor allem Gilead. Mit dem Medikament Remdesivir verfügt der US-Konzern über einen Hoffnungsträger. Dieses Präparat wurde eigentlich zur Behandlung von Ebola entwickelt, scheiterte dabei jedoch. Nun deuten Labortests darauf hin, dass Remdesivir bei der Behandlung von Covid-19 anschlägt. Patienten, die mit Lungenproblemen zu kämpfen hatten und mit dem Präparat behandelt wurde, konnten schneller aus der Klinik entlassen werden als Studienteilnehmer, denen ein Placebo verabreicht wurde. Die USA haben daraufhin den begrenzten Einsatz des Wirkstoffs bei Covid-19-Patienten in Krankenhäusern erlaubt. Nicht nur die mögliche Wirkung des Gilead-Produkts wird von verschiedenen Stellen untersucht. Weltweit ist die Jagd nach einem Präparat in vollem Gang. Das zeigt eine Anfrage auf der Plattform «Clinicaltrials.gov» unter dem Schlagwort «Covid-19». Demnach befinden sich 183 Studien bereits in der klinischen Phase 3. In einem früheren Stadium laufen mehr als 300 weitere Untersuchungen.
Dazu zählen auch mögliche Impfstoffe. Wissenschaftler arbeiten an der Entwicklung von rund 100 potenziellen Kandidaten. Mindestens fünf davon haben die Phase 1 erreicht und werden an Menschen erprobt. Laut Statista sind von der Entschlüsselung der genetischen Sequenz von Covid-19 bis zur ersten Studie am Menschen nur gut drei Monate vergangen. Als 2003 Sars wütete, erstreckte sich dieser Zeitraum noch über 20 Monate (siehe Grafik). In dieser Diskrepanz kommt der enorme wissenschaftliche Fortschritt genauso zum Ausdruck wie die Innovationskraft des Pharmasektors. Noch ist offen, ob und wann weitere Wirk- respektive erste Impfstoffe auf den Markt kommen. Fest steht, dass die Pharma- und Biotechunternehmen gerade eine Schnittstelle auf dem Weg in die Zukunft einnehmen – allein deswegen dürften sie auch an der Börse im Fokus bleiben.