Anfang März hat eine Reihe von Finanzunternehmen Grund zum Feiern. Dann jährt sich die Kotierung des ersten Exchange Traded Fund (ETF) zum 30. Mal. Am 9. März 1990 startete an der Toronto Stock Exchange der Handel mit dem TIPS. Dieses Kürzel trug der «Toronto 35 Participation Fund». In seiner ursprünglichen Form gibt es den TIPS nicht mehr – er wurde zehn Jahre nach der Lancierung mit einem anderen ETF verschmolzen. Ungeachtet dessen bleibt die Börse in Toronto die Geburtsstätte für einen echten Wachstumsmarkt. Pünktlich zum Jubiläum hat diese Industrie ihr Tempo sogar erhöht. ETFGI taxiert die per Ende 2019 weltweit von den auch als börsengehandelte Indexfonds bezeichneten Vehikeln verwaltete Kapitalsumme (Assets under Management, kurz AuM) auf annähernd USD Bio. 6.2. Dem Datendienstleister zufolge haben sich die AuM innert eines Jahres um nahezu zwei Drittel ausgedehnt (siehe Grafik).
ETFs punkten mit einer einfachen Bauweise und gerade im Vergleich zu aktiven Investmentfonds tiefen Gebühren. Wenig überraschend spielt sich der Boom vor allem in den USA ab. Auf die Staaten entfallen mehr als zwei Drittel der globalen ETF-Assets. Dort sind auch die grössten Anbieter beheimatet. An der Spitze steht BlackRock. Unter dem Label iShares verwaltete der Finanzriese Ende 2019 USD Bio. 2.2. Die Nummer 2 ist Vanguard – im vergangenen August kletterten die ETF-AuM des US-Vermögensverwalters über die Schwelle von USD Bio. 1. Prozentual zweistellig fällt darüber hinaus der weltweite Marktanteil von State Street Global Advisors aus. Das Unternehmen aus Boston mischt mit der Marke SPDR in diesem Geschäft mit und gilt als Pionier: Knapp drei Jahre nach dem eingangs erwähnten TIPS kotierte State Street 1993 mit dem SPDR S&P 500 den ersten ETF der USA. Noch heute bildet der Fonds mit dem legendären Kürzel SPY den US-Leitindex ab und ist mit AuM von knapp USD Mrd. 312 das grösste Anlagevehikel seiner Art. Hier geht es direkt zu Anlagelösungen passend zum Thema «ETF-Industrie: Ein ziemlich passiver Wachstumsmarkt».
Zu den unmittelbaren Profiteuren des Booms zählen nicht nur die ETF-Häuser. Jeder einzelne der weltweit nahezu 7'000 kotierten passiven Fonds ist an eine bestimmte Benchmark gekoppelt. Insofern erleben auch die Indexprovider eine Blütezeit. Sie erhalten für die Konstruktion sowie laufende Berechnung und Überwachung der Börsengradmesser Gebühren. Dabei handelt es sich entweder um eine fixe Abgabe oder von den AuM des jeweiligen ETFs abhängige Erlöse. Laut einer Analyse von Burton-Taylor International Consulting kamen auf diese Weise 2018 weltweit Einnahmen von USD Mrd. 3.5. zusammen. Gegenüber dem Vorjahr ist das Indexing-Geschäft damit um 13.4% gewachsen. Drei namhafte Dienstleister dominieren den Markt. FTSE Russell, S&P Dow Jones Indices und MSCI erwirtschafteten 2018 zusammen knapp 72% der weltweit anfallenden Gebühren (siehe Grafik). Die Vormachtstellung sorgt dafür, dass dieses Trio hohe Margen einfährt. Allerdings drängen kleinere und auf bestimmte Themen spezialisierte Provider in den Markt. Um Kosten zu sparen, hat zudem der eine oder andere Assetmanager damit begonnen, eigene Indizes zu kreieren.
An der Börse sind die Indexprovider dennoch schwer angesagt. Beispiel S&P Global: Die Kapitalisierung des selbst im S&P 500 enthaltene Rating-, Daten- und Indexdienstleisters hat auf Sicht von einem Jahr um mehr als die Hälfte zugenommen. Mit einem Plus von 35% schnitt auch ETF-Branchenkrösus BlackRock in der Zwölfmonatsfrist weitaus besser ab als der breite Markt. Beiden Unternehmensgruppen spielt der anhaltende Börsenboom in die Hände. Darüber hinaus sorgt Smart Beta für Wachstumsfantasie. Hinter diesem Schlagwort verbergen sich Indizes, deren Bauweise von der klassischen Gewichtung anhand der Marktkapitalisierung abweicht. Bei den innovativen Benchmarks kann der Fokus beispielsweise auf Dividendenaktien, Small Caps oder schwankungsarmen Papieren (Low Vola) liegen. Auch das Thema Nachhaltigkeit, Stichwort ESG, hat der ETF-Sektor für sich entdeckt. Natürlich ist das skizzierte Potenzial ein Stück weit in den Aktienkursen eingepreist. Gleichzeitig könnte eine Trendwende an den Kapitalmärkten die ETF-Industrie ausbremsen. Allerdings sieht es danach kurz vor ihrem 30. Geburtstag nicht aus.