Inwieweit wird die Corona-Pandemie unser Leben nachhaltig verändern? Seit Wochen wird diese Frage in den verschiedensten Gesellschaftsbereichen intensiv diskutiert. Politik und Wirtschaft zerbrechen sich darüber genauso die Köpfe wie Medien, Wissenschaft und natürlich Privatpersonen. Noch ist es nicht möglich, eine eindeutige Antwort zu geben. Und doch zeigt sich, dass das Virus so manchen Umbruch beschleunigt. Zu den Bereichen, in denen die Disruption gerade einen kräftigen Schub erfährt, zählt der Handel. Getreu dem globalen Motto «Stay at Home» haben viele Konsumenten während des Corona-Lockdowns ihre Einkäufe in stationären Geschäften auf das Nötigste beschränkt. Das gilt umso mehr, da Läden, die keine lebensnotwendigen Produkte anbieten, schliessen mussten. Gleichzeitig wurde der Onlinehandel mit Aufträgen regelrecht überrannt. Zwischenzeitlich hatte die führende E-Commerce-Plattform der Schweiz, digitec.ch, mit Engpässen zu kämpfen. Verzögerte Auslieferungen erlebten auch die Kunden des globalen Branchenkrösus, Amazon.com.
Noch ist der Anteil des Onlinegeschäfts am gesamten Detailhandel relativ gering. Im Februar hat der Verband des Schweizerischen Versandhandels (VSV ASVAD) zusammen mit der Post und dem deutschen Konsumforscher GfK diesbezüglich eine interessante Erhebung publiziert. Demnach lag das Gesamtvolumen des Schweizer Detailhandels im Jahr 2019 bei CHF Mrd. 91.6. Davon entfielen 9.1% auf das Onlinesegment. Während der Detailhandel als Ganzes seit Jahren mehr oder minder stagniert, wächst der Bereich E-Commerce kräftig. 2019 ist der Schweizer Konsum im Onlinehandel über die Schallmauer von CHF Mrd. 10 geklettert (siehe Grafik). Zu gut 80% bestellen die Konsumenten im Inland, sprich auf .ch-Domains. Dazu passt, dass Digitec/Galaxus im vergangenen Jahr als erstes Schweizer Unternehmen einen Onlineumsatz von mehr als CHF Mrd. 1 erwirtschaftet hat. Hier geht es direkt zu Anlagelösungen passend zum Thema «Corona-Ökonomie: Die Profiteure der neuen Welt».
Vor allem bei Artikeln aus dem Non-Food-Bereich kaufen immer mehr Konsumenten digital ein. Hier liegt der Anteil am gesamten Schweizer Detailhandel bereits bei knapp 17%. Die Heimelektronik bringt es sogar auf eine Quote von mehr als einem Drittel. Folgerichtig war sie mit einem Volumen von CHF Mrd. 2.6 im vergangenen Jahr das grösste Segment des Schweizer Onlinehandels. Bei IT-Produkten respektive der Büroausstattung wird nahezu jeder zweite Franken mittlerweile im Internet umgesetzt. Die mit dem Lockdown einhergehende «Homeoffice-Bewegung» dürfte diesen Trend verstärkt haben. Gleiches gilt für den noch vergleichsweise kleinen Bereich Lebensmittel. Im Zusammenhang mit Corona rechnen die Experten in der so genannten Food Online Delivery mit einer Wachstumsbeschleunigung. Insgesamt trauen sie dem Schweizer Onlinehandel in Zukunft pro Jahr Steigerungsraten zwischen 8% und 10% zu.
Diese Prognose dürfte nicht zuletzt den Logistiksektor aufhorchen lassen. 2019 wurden im Schweizer Detailhandel insgesamt 55 Mio. Pakete versendet. Das Tempo der Zustellungen nimmt zu. 60% aller Pakete trugen im vergangenen Jahr das Label «Prio». Damit hat sich der Anteil dieser Zustellungsoption seit 2013 annähernd verdreifacht (siehe Grafik). Chancen birgt der Onlinehandel auch für die Finanzindustrie, da die Bezahlung der Internetbestellungen in vielen Fällen online erfolgt. Schon vor der Krise war das Digital Payment auf dem Vormarsch. Kurzum: Entlang der Wertschöpfungskette des Megatrends E-Commerce befindet sich eine Reihe von interessanten Börsenunternehmen. Zuletzt sorgten dabei vor allem die Kursverläufe digitaler Handelshäuser wie Amazon.com oder Zalando für Aufsehen. Aber auch die Payment-Aktien waren nach einem starken Rücksetzer wieder gefragt. Im Logistiksektor ging die Erholung etwas schleppend voran – hier bremst die Abhängigkeit von der Weltkonjunktur.