Kaum ein anderes Land konnte die negativen Auswirkungen durch die Covid-19-Krise so schnell abschütteln wie China. Während die meisten Staaten im zweiten Quartal dieses Jahres herbe Rückschläge verkraften mussten, legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Reich der Mitte um 3.2% zu. Der positive Trend hielt an und das BIP nahm zwischen Juli und September um weitere 4.9% zu. Die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehen davon aus, dass China auch im Gesamtjahr die einzige grosse Volkswirtschaft sein wird, die ein Wachstum ausweisen kann. 2021 soll die Konjunktur dann wieder mehr Fahrt aufnehmen und um 8.4% expandieren. Dass sich die chinesische Wirtschaft weiter erholt, zeigt auch der Einkaufsmanagerindex mit 51.4 Punkten für die Industrie im Oktober. Ein Wert über 50 signalisiert Wachstum. Ökonomen zufolge treiben staatliche Anreize wie der Ausbau der Infrastruktur sowie robuste Exporte den Aufschwung an. Das Barometer für den Dienstleistungssektor zeigt sogar einen noch stärkeren Trend und verbesserte sich auf 56.2 Punkte.
Bereits Ende Mai inmitten der Corona-Pandemie tagte der Nationale Volkskongress Chinas, um das Riesenreich auch für die nächsten Jahre in die richtige Spur zu lenken. Nach einer erneut viertägigen Beratung im Oktober stellte Peking nun seinen neuen Fünfjahresplan vor, der im März 2021 auf der Jahrestagung des Volkskongresses formell abgesegnet werden soll. Es ist bereits die 14. Auflage des Kommuniqués und angesichts der Handelsspannungen zwischen China und den USA sowie der Viruskrise wurde die künftige Strategie dieses Mal mit besonderer Spannung erwartet. Der zentrale Punkt von Staats- und Parteichef Xi Jinping ist, das Land künftig unabhängiger vom Weltmarkt zu machen. Damit schlägt die zweitgrösste Volkswirtschaft einen neuen Weg ein.
Die Regierung strebt eine Strategie der «dualen Kreisläufe» an. Dabei möchte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas das Land auf der einen Seite zwar weiterhin nach aussen öffnen, auf der anderen Seite aber insbesondere den heimischen Markt stärker fördern. Eigene Innovationen sollen dabei nicht nur für eine grössere Unabhängigkeit sorgen, sondern sogar Hauptmotor der Konjunktur werden. Die Technologieunabhängigkeit sowie die wirtschaftliche Autonomie des Landes könnten auch als Antwort auf den Handelskrieg mit den USA verstanden werden. Ein genaues Wachstumsziel wie in früheren Fünfjahresplänen wurde zwar nicht genannt, allerdings verweist das Plenum des Zentralkomitees auf die Absicht, die Entwicklung des Landes zukünftig nachhaltig und qualitativ hochwertig zu gestalten.
Auch die bereits seit längerem propagierte «grüne Transformation» sowie der «Aufbau einer ökologischen Zivilisation» findet sich in dem Plan wieder. Sonnen-, Wind- und Wasserkraftwerken dürfte also in Zukunft eine grössere Bedeutung zukommen. Bereits im September hatte Präsident Xi Jinping angekündigt, dass China «vor 2060» die Klimaneutralität schaffen wolle. Noch viel schneller soll die geplante «sozialistische Modernisierung» abgeschlossen werden. Bereits vor zwei Jahren hat Peking dazu das Programm «China Standards 2035» vorgestellt. Dieses sieht vor, künftig in wichtigen Bereichen wie Industrie 4.0, Mobilfunk und erneuerbaren Energien die Standards zu setzen.
Quelle: IWF