Die Marke «Made in Germany» ist, zumindest was die Automobilbranche betrifft, derzeit kräftig angekratzt. Der von Volkswagen entfachte Dieselskandal vor rund drei Jahren beschädigte die einstige Vorzeigeindustrie rund um den Globus. Und die Affäre ist noch längst nicht abgehakt. Soeben hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Bussgeld über eine Milliarde Euro gegen den Wolfsburger Konzern verhängt. Es kommt noch schlimmer für die Industrie. Neuerdings sieht sich auch Daimler Vorwürfen wegen unzulässiger Abgastechnik ausgesetzt. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt KBA entdeckte eine unzulässige Abschalteinrichtung in 774’000 Mercedes-Fahrzeugen. Die Folge: Daimler muss die ausgelieferten Dieselautos europaweit zurückrufen. Zu den betroffenen Modellen zählt unter anderem auch die beliebte C-Klasse.
Auch wenn die Reputation der Grosskonzerne angeschlagen scheint, die Käufer bleiben ihren Marken treu. Dies lässt sich eindrucksvoll an den VW-Zahlen ablesen: Nachdem im Herbst 2015 die «Schummelei» aufflog, folgte keine grössere Absatzdelle. Ganz im Gegenteil: Der Volkswagen-Konzern stellte im Geschäftsjahr 2016 mit 10.3 Mio. ausgelieferten Autos, ein Plus von 3.8 Prozent, einen neuen Verkaufsrekord auf und wurde damit erstmals grösster Automobilhersteller der Welt vor Toyota. Diesen Titel konnte VW mit einem weiteren Verkaufsanstieg von 4.2 Prozent im Jahr 2017 verteidigen. Zudem stellte das Unternehmen einen Rekord beim operativen Gewinn auf. Und das, obwohl die Kosten – wie der Vergleich mit der US-Regierung – aus dem Dieselskandal auf mehr als 20 Milliarden Euro geschätzt werden. Mit derartig hohen Belastungen wird bei Daimler derzeit nicht gerechnet. Laut DZ-Bank-Analyst Michael Punzet trüben Nachrichten wie der Dieselrückruf zwar die Stimmung, die finanziellen Auswirkungen hält er allerdings für überschaubar. In das gleiche Horn bläst Arndt Ellinghorst, Analyst bei Evercore ISI: «Wir sehen keinen Beweis dafür, dass Daimler Software entwickelt hat, um bei Abgasuntersuchungen bewusst zu betrügen», sagte der Experte, der die Kosten auf weniger als 100 Millionen Euro beziffert. «Mit diesem Rückruf sind Geldbussen vom Tisch.» Hier geht es direkt zu Anlagelösungen passend zum Thema «Daimler: Ein kleiner Kratzer im Stern».
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die beanstandeten Motoren nicht auf dem US-Markt verwendet wurden und somit keine immensen Schadensersatzforderungen zu befürchten sind. Auch wenn der Verkauf in Übersee trotzdem derzeit etwas stottert, die Absatzkurve im Daimler-Konzern zeigt – unter anderem Dank China – dennoch steil nach oben. Im Gesamtjahr 2017 verkaufte Mercedes 25.9 Prozent mehr Autos in der Region als im Jahr zuvor. Damit erzielte der Konzern nicht nur den siebten Verkaufsrekord in Folge, sondern war auch der mit Abstand erfolgreichste Premiumanbieter im Reich der Mitte. Zum Jahresauftakt 2018 zeigten sich ebenfalls prozentual zweistellige Wachstumsraten. In China setzte Daimler 16 Prozent mehr Fahrzeuge ab und erreichte einen neuen Rekordwert von 178’800 Einheiten. Weltweit verkaufte Mercedes-Benz Cars von Januar bis März 5 Prozent mehr Fahrzeuge. Damit konnte die Marke mit dem Stern ihren Vorsprung gegenüber dem ärgsten Konkurrenten BMW weiter ausbauen. Der Trend hält an: Im Mai fuhr Mercedes-Benz den 63. Absatzrekord in Folge ein.
Ein hoher Absatz bedeutet oft auch gleichzeitig hohe Profite. Dies zeigt der Blick in den Rückspiegel: In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Überschuss mehr als versiebenfacht. Das US-Analysehaus Bernstein Research kommt in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass China der entscheidende Gewinntreiber für die deutschen Autobauer bleiben wird. Vor allem bei Daimler wirkt sich die Region positiv aus: Da die Tochter Mercedes die Möglichkeit der Bilanzierungsstandards IFRS nutzt, kann sie den Gewinnbeitrag der chinesischen Gemeinschaftsunternehmen auf operativer Ebene konsolidieren – was sich letztendlich positiv auf die Margen auswirkt. Im ersten Quartal zog die Rendite vor Zinsen und Steuern in der Daimler-Pkw-Sparte von 8.9 auf 9.0 Prozent an. Daimler hat in China aufgrund des Einstiegs des Geely-Eigners Li Shufu mit knapp 10 Prozent sogar noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. Damit könnten sich für den Stuttgarter in Zukunft noch grössere Wachstumschancen im Reich der Mitte auftun.
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