Was Premieren anbelangt, sorgt in Luzern eigentlich das KKL für Schlagzeilen. Im vor 20 Jahren eröffneten Konzertsaal begeistern regelmässig Spitzenmusiker das Publikum. Anfang November war die Metropole am Vierwaldstättersee Austragungsort für eine Weltpremiere ganz anderer Art: Die Swisscom verband erstmals ausserhalb des Labors einen Smartphone-Prototypen sowie einen Hotspot mit einem 5G-Netzwerk. «Bis Ende 2019 plant Swisscom den punktuellen Ausbau in 60 Städten und Gemeinden schweizweit», skizzierte CEO Urs Schaeppi die Zukunftspläne des Telekomkonzerns. Ab dem kommenden Sommer sollen erste 5G-Smartphones in den Läden stehen und den Alltag der Nutzer nachhaltig verändern. Gegenüber dem aktuellen Standard 4G+ wird sich die Übertragungsrate auf 3 GB/Sekunde verdreifachen. Neben der enormen Download-Geschwindigkeit punktet 5G mit einer schnelleren Reaktionszeit, grösseren Kapazitäten sowie einer deutlich verbesserten Energieeffizienz.
Sei es Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, Virtuelle Realität, Autonome Mobilität oder E-Health: Für praktisch alle technologischen Zukunftstrends kommt 5G einer Art «Eisbrecher» gleich. Dementsprechend positiv fallen die Wachstumsprognosen aus. Laut Statista soll es schon in fünf Jahren weltweit mehr als 1 Mrd. 5G-Anschlüsse geben (siehe Grafik I). Wenig überraschend verspricht sich die Wirtschaft von der nahenden technologischen Revolution grosse Geschäfte. Das gilt nicht nur für die Telekombranche, sondern auch und gerade für die Netzwerkausrüster. In den vergangenen Jahren sind die globalen Umsätze mit mobiler Infrastruktur deutlich geschrumpft. Die neue Technologie könnte die Ausrüster zurück in die Wachstumsspur bringen. In einer aktuellen Analyse geht IDC davon aus, dass der weltweite Markt für 5G-Infrastruktur 2022 ein Volumen von USD 26 Mrd. erreicht. Damit würde sich das Geschäft gegenüber dem Niveau des laufenden Jahren (ca. USD 528 Mio.) mit einer durchschnittlichen Rate von 118% p.a. ausdehnen. Hier geht es direkt zu Anlagelösungen passend zum Thema «5G-Standard: Technische Revolution trifft auf politische Brisanz»
Swisscom arbeitet beim Aufbau des 5G-Netzwerkes in der Schweiz mit Ericsson zusammen. Neben den Schweden zählt Nokia zu den führenden Spielern auf diesem Markt. Das europäische Duo sieht sich einer verstärkten Konkurrenz aus Fernost ausgesetzt. Huawei hat bei der mobilen Infrastruktur knapp vor Ericsson sogar die globale Spitzenposition übernommen (siehe Grafik II). In der Politik sorgt der Vormarsch des chinesischen Technologieriesen für Unbehagen. Seit längerem steht der Verdacht im Raum, China könnte die Positionierung von Huawei-Technik an den Schnittstellen der modernen Infrastruktur zur Spionage nutzen. In den USA ist das Unternehmen längst von den meisten Geschäften ausgeschlossen. Vor kurzem haben sich Australien und Neuseeland dieser Gangart angeschlossen: Huawei soll in beiden Ländern beim 5G-Aufbau aussen vor bleiben. Laut einer Agenturmeldung planen auch die drei grössten japanischen Telekomkonzerne einen vergleichbaren Bann.
Mit der jüngsten Festnahme von Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou in Kanada gewann dieses heikle Thema zusätzlich an Brisanz. Die USA werfen der Tochter des Firmengründers Verstösse gegen die Iran-Sanktionen vor und pochen auf eine Auslieferung. Mittlerweile kam die 46-Jährige gegen Kaution auf freien Fuss. Huawei wehrt sich vehement sowohl gegen diesen als auch den Spionagevorwurf. «Es gibt wohl keine andere privatwirtschaftlich geführte Firma, die so viel Wert auf Compliance legt», sagte Schweiz-Chef Andy Wang in einem Interview mit der «Handelszeitung». Gleichwohl sei die Situation für das Unternehmen nicht gut. «Es ist schwer, das normale Geschäft unter diesen Vorzeichen fortzusetzen», erklärte der regionale Manager. In der Tat kommt die Festnahme für Huawei auch und gerade in Europa zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Auf dem alten Kontinent, dem grössten Markt des Unternehmens ausserhalb Asiens, steht der Aufbau von 5G an. Der britische Telekomkonzern BT Group hat bereits angekündigt, dabei komplett auf Huawei zu verzichten. Auch in Deutschland, wo im Frühjahr die Versteigerung der Lizenzen für den neuen Mobilfunkstandard starten soll, läuft eine rege Debatte. Die Deutsche Telekom hat bereits reagiert. «Wir bewerten derzeit unsere Beschaffungsstrategie neu», teilte Europas Branchenführer Anfang Woche mit. Als Profiteure des Argwohns gegenüber den Chinesen könnten sich Ericsson und Nokia entpuppen. An der Börse ist das Duo jedenfalls schwer angesagt: Beide Aktien konnten im zu Ende gehenden Jahr gegen den schwachen Markttrend deutlich zulegen.
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